Stellungnahme der FW Fraktion zum Haushalt 2020

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Steinlein, liebe Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat, sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer,

erst spät im Jahr liegt heute der Haushaltsplan für das Jahr 2020 dem Stadtrat zur Verabschiedung vor. Die Gründe dafür hat der Bürgermeister schon genannt. Das Jahr 2020 ist eben ein besonderes Jahr – und zwar in verschiedener Hinsicht.

Zum Ersten liegt es an der Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf unser tägliches Leben, zum Zweiten aber auch an der Kommunalwahl und den daraus resultierenden erheblichen Veränderungen in unserem Gremium. Und zum Dritten bewahrheiten sich unsere Befürchtungen des letzten Jahres, dass der etwa im Jahr 2012 begonnene wirtschaftliche Aufschwung nun doch seinen Zenit überschritten hat und wir deshalb in den folgenden Jahren nicht mehr so aus dem Vollen schöpfen können wie in den zurückliegenden.

Großprojekte werden wesentlich teuer als ursprünglich geplant

Erschwerend kommt hinzu, dass die Kosten der in den letzten Jahren angegangenen Großprojekte, wie der Neubau unseres Schulhallenbads und der Bau des Nahwärmenetzes, nun regelrecht explodieren. Hieß es bisher nach den ursprünglich prognostizierten Kosten, dass diese Maßnahmen mit staatlichen Zuschüssen von rund 90 % und einem kommunalen Anteil von 10 % locker finanziert werden können, so erhöht sich der ungedeckte Kostenanteil für die Stadt von wenigen hunderttausend Euro nun auf mehr als 5 Mio. Euro. Der Fördersatz sinkt damit von den ursprünglichen 90 % nun auf relativ geringe 26 % beim Nahwärmenetz und 44 % beim Hallenbad.

Ich denke, wir sind uns alle darüber im Klaren, dass hier weitere Geldgeber hinzukommen müssen, damit diese Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden können. Nichts desto trotz stehen wir, die Freien Wähler, auch weiterhin zu diesen Maßnahmen.

Weitere Großprojekte stehen mit der Sanierung des Freibads und dem Bau einer weiteren Kindertagesstätte auf dem Programm.

Die allgemeinen Haushaltskennzahlen hat Herr Steinlein ja bestens erläutert, daher verzichte ich darauf, diese zu wiederholen. Auf ein paar Besonderheiten möchte ich aber dennoch eingehen:

Dazu fällt mein Blick auf die Entnahme aus den Rücklagen des Vorjahres 2019 mit einem Betrag von 1.378.000 €. Interessant ist, dass darin auch erhebliche, bisher nicht in Anspruch genommene Einnahmen aus bisher nicht in Anspruch genommenen Kreditaufnahmen der Vorjahre 2017 und 2019 mit rund 1 Mio € enthalten sind, so dass der tatsächliche Überschuss des Jahres 2019 bei lediglich ca. 380.000 € liegen dürfte.

Kalkulation der Kanalgebühren hätte wesentlich früher erfolgen müssen

Bedauerlich ist auch die Tatsache, dass in der Amtsperiode des vorherigen Bürgermeisters wohl aufgrund der üppig sprudelnden Steuerquellen der letzten Jahre übersehen wurde, dass die Kosten für den Betrieb der Entwässerungsanlage Obere Schwabach seit 2014 deutlich aus dem Ruder laufen. Betrug die Betriebskostenumlage für die Kläranlage im Jahr 2013 noch 170.000 €, so wuchs sie bereits im Jahr 2014 auf 229.000 € an und stieg in großen Schritten bis 2019 auf satte 341.000 €. Die letzte Überprüfung der Abwassergebühren erfolgte im Jahr 2011 und sollte eigentlich 4 Jahre später erneut durchgeführt werden. Erst im Jahr 2019 nahm man sich dieses Themas an, wahrscheinlich deshalb, weil die FW-Fraktion in der Stellungnahme zum Haushalt 2019 deutlich auf diese Notwendigkeit hingewiesen hatte. Dabei stellte man fest, dass allein in den Jahren 2015 bis 2018 ein Defizit von 570.000 € aufgelaufen ist. Und im Jahr 2019 kam nochmal ein Betrag von 200.000 € dazu, so dass wir nun von einem Verlust von satten 775.000 € reden, das Jahr 2020 noch gar nicht eingerechnet. Erst im November 2019 beschloss der Stadtrat auf Betreiben der Fraktionen von FW und CSU mehrheitlich, einen Fachmann hinzuziehen. Der sollte klären, inwieweit dieser enorme Verlust in die Beitragskalkulation mit einzubeziehen ist oder endgültig dem Stadtsäckel zur Last fällt. Leider sieht sich selbst der Kommunale Prüfungsverband Bayern mit dieser Rechtsfrage anscheinend überfordert. Wie sonst kann es sei, dass die Stadt Gräfenberg seit der Anfrage vom Februar 2020 bis zum heutigen Tag immer noch keine Antwort erhielt. Für die Beitragskalkulation dürfen daher nur die künftig zu erwartenden Kosten zugrunde gelegt werden.

Nun aber zu den erfreulichen Entwicklungen in diesem Jahr:

Anders als in manch anderer Gemeinde, ist es der Stadt Gräfenberg unter dem Diktat massiver Einschränkungen durch die Corona-Pandemie unter großen Anstrengungen vieler Beteiligter gelungen, das Gräfenberger Freibad in diesem Sommer für die Bevölkerung zu öffnen und erfolgreich zu betreiben.

Unser besonderer Dank gilt allen, die sich dafür engagiert haben, allen voran auch unserem Bürgermeister Ralf Kunzmann, der aufgrund seiner profunden Ordnungsamtskenntnisse aus seiner früheren Berufstätigkeit das umfangreiche Hygiene- und Schutzkonzept für den Badebetrieb höchstpersönlich verfasst hat.

Auch wenn in den letzten „fetten Jahren“ die Steuerquellen schier unerschöpflich zu sein schienen, so müssen wir uns im Jahr 2020 nun eines Besseren belehren lassen. Die Gründe dafür sind vorwiegend - aber nicht nur - in den wirtschaftlichen Einschnitten aufgrund der unerwarteten Corona-Pandemie zu suchen. Ich denke, ein gewisser wirtschaftlicher Abschwung war auch schon im letzten Jahr absehbar. Die Auswirkungen auf die nächsten Jahre kann man derzeit nur erahnen, aber nicht konkret abschätzen. Deshalb ist es ratsam, eine vorsichtige Finanzpolitik zu betreiben. Wir müssen mit wachem Auge auf unsere städtischen Finanzen blicken.

Unsere großen Projekte müssen wir mit Maß und Ziel angehen. Ich bin mir sicher, dass wir dann auch in Zukunft viel für unsere Bürgerinnen und Bürger bewegen können.

Im Ergebnis stellen wir fest, dass wir dem diesjährigen Haushalt zustimmen werden, wenn auch mit etwas Sorge, was den Blick auf die geplanten Kreditaufnahmen in den Folgejahren betrifft. Aber auch da werden wir Wege finden, um den Finanzrahmen in einem erträglichen Umfang zu halten.

Unsere Stellungnahme zum Haushalt wollen wir auch in diesem Jahr dazu nutzen, den vielfältig ehrenamtlichen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Gräfenberg und aller Ortsteile zu danken. Durch ihren Einsatz wird öffentliches Eigentum der Stadt Gräfenberg gepflegt, erhalten oder gar wesentlich verbessert und das kulturelle Leben sehr bereichert. Weiterer Dank gilt unserem Kämmerer mit seiner Mannschaft für die fachkundige Erstellung des Zahlenwerks.

Wir, die Fraktion der Freien Wähler, bedanken uns bei allen Bediensteten der Stadt, der VG und aller angegliederten Einrichtungen für ihre Arbeit und die sachliche Kooperation während des gesamten Jahres. Unser besonderer Dank gibt aber unserem Kämmerer, Herrn Steinlein, für die kompetente Verwaltung unserer Finanzen. Alles Gute auch weiterhin und bleiben Sie gesund, auch wenn die Corona-Pandemie derzeit wohl zur zweiten Welle ausholt.

Werner Wolf, Fraktionssprecher,

Freie Wähler Gräfenberg